Berichte
AWO Mittelrhein
Die AWO Mittelrhein Berichte spiegeln unser Engagement wider: Selbsthilfe fördern, demokratische Werte stärken und soziale Einrichtungen aufbauen. Wir setzen uns auch in Krisenzeiten für die Menschen ein.
Bericht des Präsidiums
Die Geschichte des Bezirksverbands: Kampf für Gleichheit und Demokratie
Im Jahr 1924 wurde der Bezirksausschuss für die Arbeiterwohlfahrt Obere Rheinprovinz gegründet. Dieser Ausschuss war die organisatorische Vorläuferorganisation des 1949 entstandenen AWO Bezirksverbands Mittelrhein. Er umfasste die damaligen Regierungsbezirke Köln, Aachen, Koblenz und Trier und hatte seinen Sitz im Volkshaus in der Kölner Severinstraße. Die Gründungsjahre der Arbeiterwohlfahrt kurz nach dem Ersten Weltkrieg waren in der Oberen Rheinprovinz Krisenjahre, geprägt von politischen Unruhen und wirtschaftlichen Problemen. Schon damals war die Arbeiterwohlfahrt unverzichtbar, in der unmittelbaren Nothilfe, der Selbsthilfe wie auch beim Aufbau sozialer Einrichtungen.

Axel Heiner Dabitz, Vorsitzender des Präsidiums
Abschaffung der Demokratie
Die Krisen verschärften sich. Die Weltwirtschaftskrise in 1929 führte zu massiver Arbeitslosigkeit und wirtschaftlicher Not in Deutschland. Die schwachen sozialen Sicherungssysteme brachen zusammen. Viele Menschen verloren ihr Vertrauen in die bestehenden politischen Parteien und suchten nach radikalen Lösungen. Dies mündete im Erstarken der NSDAP und über Antisemitismus und Nationalismus in der Abschaffung der Demokratie.Wiederaufbau
Nach dem verheerenden Zweiten Weltkrieg erfolgte eine Neuordnung der Arbeiterwohlfahrt mit verschiedenen Gliederungsebenen. Köln war vor 1933 ein wesentliches Zentrum der Arbeiterwohlfahrt. Von hier aus konzentrierte sich die Wiedergründung nun innerhalb neuer Grenzen auf das Gebiet der britischen Zone, die das gesamte Mittelrheingebiet umfasste. Und der deutsche Sozialstaat formte sich. Die Arbeiterwohlfahrt gestaltete mit – durch sozialpolitische Expertise und ein breites Angebot von Einrichtungen und Diensten.
Krisen und ihre Bewältigung
Auch in der Nachkriegszeit gab und gibt es Prüfungen für die Demokratie, wie die Ölkrise in den 1970ern, die Probleme bei der Bewältigung der deutschen Einheit und die Flüchtlingskrise von 2015. Die Demokratie und unsere sozialen Sicherungssysteme haben das bisher verkraftet. Heute gibt es jedoch mehr und vielfältigere Krisen mit weltweiten Auswirkungen und damit einer viel bedrohlicheren Gefahr für demokratische Werte. Das Vertrauen in die Demokratie und ihre Institutionen ist geschwächt. Wir betrachten dies mit allergrößter Sorge!
All denen, die heute rückwärtsgewandt unsere Demokratie mit ihren Fantasien eines totalitären Staates beschädigen, halten wir die Worte unseres ehemaligen Bundeskanzlers und Friedensnobelpreisträgers entgegen:
„Diktatur bleibt Diktatur. Ausbeutung bleibt Ausbeutung. Unser Platz aber ist und bleibt auf der Seite der Freiheit und des sozialen Fortschritts, des Ringens um soziale Sicherheit und Vermenschlichung der menschlichen Gesellschaft.“ (Willy Brandt, 22. Mai 1955)
Freiheit und soziale Sicherungssysteme sind wichtige Grundpfeiler unserer Demokratie. Totalitäre Strömungen beschädigen beides. Wir alle wissen es: Die Beschränkung der Freiheit und Kürzungen in den sozialen Sicherungssystemen führen zu Ungleichheit. Ungleichheit ist Sprengstoff für das gesellschaftliche Klima und die politische Stabilität.
Der Erhalt und Ausbau der sozialen Infrastruktur ist die Grundlage für ein gutes, gleichberechtigtes Leben. Unser Motto „Gemeinsam demokratisch – demokratisch gemeinsam“ und unser Leitantrag sind deshalb Agenda unseres Handelns – auch diejenigen, die jetzt unseren Sozialstaat kaputtsparen, gefährden unsere Demokratie.
Krisen und die damit verbundenen Anpassungen der sozialen Sicherungssysteme sind eine Herausforderung für die Demokratie – eine Herausforderung, die nur mit einem starken Sozialstaat zu bewältigen ist. Dafür kämpfen wir.
Krisen und die damit verbundenen Anpassungen der sozialen Sicherungssysteme sind eine Herausforderung für die Demokratie – eine Herausforderung, die nur mit einem starken Sozialstaat zu bewältigen ist. Dafür kämpfen wir.
AWO: gemeinsam demokratisch – demokratisch gemeinsam
Gemeinsam gestalten
Die Bezirkskonferenz 2020 wählte Axel Heiner Dabitz zum Vorsitzenden des Bezirkspräsidiums und Heinz-Willi Schäfer, Willibert Spenrath und Eva-Maria Voigt-Küppers zu seinen Stellvertretern bzw. zur Stellvertreterin. Als Beisitzer*innen wurden Martina Buhr, Sven Cramer, Stephan Gatter, Helga Kühn-Mengel, Barbara Lackner, Hans Mettig, Bernd Reibel, Heinz Willi Ruiters, Karl Schultheis, Roswitha Stock und Udo Zimmer in den ehrenamtlichen Präsidiumsvorstand gewählt und in das Revisorenamt Karl Ernst Forisch, Hartwig Meier und Günter Prast. Pandemiebedingt fand die Konferenz per Briefwahl statt.
Beate Ruland gab nach elf Jahren die Verantwortung auf Bezirksebene ab und wurde für ihre großen Verdienste um die AWO Mittelrhein zur Ehrenvorsitzenden ernannt.
Gemeinsam helfen
Der Bezirksverband Mittelrhein unterstützt und berät seine Mitgliedsorganisationen und ist durch eine lebendige und gut vernetzte Gremienarbeit Interessenvertreter für Gesellschaften und Gliederungen auf Bundes- und auf Landesebene. Zum 01.01.2022 übernahm der AWO Bezirksverband Mittelrhein e.V. turnusmäßig den Vorsitz der Landesarbeitsgemeinschaft der AWO NRW.

Präsidium und Vorstand des AWO Bezirksverbands Mittelrhein e.V. – November 2024

Kinder der KGS Marienschule in Köln sammeln Geld für Flutopfer, 2021

Bundesweites Kunstprojekt „100 Boote – 100 Millionen Menschen“
Als Kooperationspartner der Öffentlichen und Freien Wohlfahrtspflege koordinierte er die sozialpolitische Arbeit der AWO in NRW und vertrat diese im Hauptausschuss der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW bis 31.12.2023.
Der AWO Bezirksverband Mittelrhein ist Mitglied bei AWO International und unterstützt deren Ziele, z. B. mit der Teilnahme am bundesweiten Kunstprojekt „100 Boote – 100 Millionen Menschen“, mit dem auf die katastrophale Situation Flüchtender aufmerksam gemacht wurde.
Das starke Hilfenetz der AWO bewies sich bei der Flutkatastrophe im Juli 2021. Die AWO am Mittelrhein half sofort – und sie ist auch 2024 noch für die Menschen in den Hochwassergebieten da. Über AWO International und die „Aktion Deutschland hilft“ konnten bis Ende 2023 mehr als 4.000 Haushalte mit Spendengeldern in Höhe von über 4 Mio. € unterstützt werden. Die AWO Rheinlandstiftung des Bezirksverbands Mittelrhein half weiteren 3.000 Haushalten mit 1,5 Mio. €. Ehrenamtlich Engagierte und Mitarbeiter*innen der AWO Kreisverbände und des AWO Bezirksverbandes packten unmittelbar nach der Katastrophe mit an. Die AWO–Fluthilfebüros wurden für viele Menschen echte Rettungsanker. Der Präsidiumsvorsitzende, Axel Heiner Dabitz, dankte im Rahmen einer Feierstunde allen Helfer*innen und zeichnete stellvertretend 53 Fluthelfer*innen mit der höchsten Auszeichnung aus, die der Bezirksverband vergeben kann – der AWO Mittelrhein Medaille.
Nichts ist so beständig wie der Wandel
Die AWO verändert sich, das ist gut so und gewollt. Jede*r Ehrenamtliche macht sie reicher. Deshalb arbeitet der Bezirksverband gemeinsam mit seinen Mitgliedern an der Weiterentwicklung des Verbandes. Mit den Fachtagungen „Engagiert für die AWO am Mittelrhein – Synergien für die Zukunft“ am 22.08.2022 und „Hier bringe ich mich gerne ein – den Wandel im Ehrenamt gestalten“ am 04.11.2023, beide in Köln, der Digitalisierungsstrategie, auch für das Ehrenamt, sowie den gemeinsamen Diskussionen zu Modellen wie Stützpunkten und vielem mehr gestaltet die AWO am Mittelrhein gemeinsam die Zukunft der Arbeiterwohlfahrt. An dieser Stelle gilt ein uneingeschränktes und großes Dankeschön all jenen, die sich in der AWO engagieren.Bericht des Vorstands
Nur Handeln bringt uns weiter
Deshalb haben wir in den extrem belasteten Jahren 2020 bis 2023 nicht nur die aktuellen Herausforderungen wie Pandemie-, Hochwasser- und Kriegsfolgen angepackt, Haupt- und Ehrenamt haben gleichzeitig auch die Weichen für die Zukunft des Bezirksverbandes gestellt.
Alte Probleme – neue Lösungen
Zum alten Problem der Unterfinanzierung der sozialen Arbeit kommen Fachkräftemangel, Überbürokratisierung und ein hoher Druck bei der Anpassung an neue digitale, demographische und ökologische Herausforderungen. Während unserer Federführung in der Landesarbeitsgemeinschaft NRW (AWO NRW) in den Jahren 2022 und 2023 forderte die AWO mit dem Positionspapier zur Landtagswahl „NRW gerechter machen“, ihren Positionen zur überbordenden Leiharbeit und der Kampagne „OGS ist mehr wert“ die Politik zum Handeln auf.AWO NRW Mitarbeitende:
demonstrierten

Vorstand des AWO Bezirksverbands Mittelrhein e.V.: Michael Mommer (Vorsitzender) und Sabine von Homeyer
Innovation durch Kreativität: vernetzte Strukturen und konkrete Handlungspläne
Seit 2020 nutzt die AWO Mittelrhein die Kompetenzen des Innovationsmanagements, um dynamisch auf die immer komplexer werdenden Herausforderungen im sozialen Bereich zu reagieren und innovative Lösungen zu entwickeln (siehe Berichtsteil). Daraus erwuchs u. a. ein bezirksweites Projekt zu einer Digitalisierungsstrategie für Haupt- und Ehrenamt. Sein Erfolg zeigt sich in der Umsetzung einiger gemeinsamer Projekte wie der Zusammenarbeit bei der Einführung neuer Technologien und digitaler Tools, Schulungs- und Weiterbildungsprogrammen sowie der Optimierung interner Prozesse und Strukturen.Wir mahnen und treiben die Landesregierung an, wir bieten ihr aber auch kompetente Lösungen, wie mit dem Konzept „Das Kitasystem neu denken“ (mehr dazu im Bereich Sozialpolitik). Das fordert Ressourcen. Damit wir unsere Interessen auch künftig gut vertreten können, wurde die Kooperation mit dem AWO Bezirksverband Niederrhein intensiviert, z. B. in den Bereichen OGS, Erzieherische Hilfen und Runder Tisch Pflege. Die Zusammenarbeit mit unseren Kreisverbänden und dem Regionalverband ist uns wichtig. Sie lebt durch regelmäßigen Austausch, indem wir unsere spitzenverbandliche Anwaltsfunktion wahrnehmen, und in praktischen Dienstleistungen, wie z. B. dem neu aufgestellten Fördermittelmanagement mit seinem regelmäßig erscheinenden Newsletter.
Der AWO Bezirksverband Mittelrhein – Konzernlösungen mit Zukunft
Die Organisation im Konzern bietet der AWO Mittelrhein neben der Ressourceneffizienz und der Möglichkeit, ihre Dienstleistungen auf breiterer Basis anzubieten, auch die Chance, durch Fachwissen und Innovation die Qualität und Reichweite der sozialen Arbeit zu verbessern und nachhaltige, positive Veränderungen in der Gesellschaft zu bewirken. Dafür ist das Ineinandergreifen der einzelnen Konzernteile ein stetig zu optimierender Prozess.
Im Juli 2021 wurde die Verschmelzung der AWO Gesellschaft für Altenhilfeeinrichtungen Aachen mbH auf die AWO Gesellschaft für Altenhilfeeinrichtungen mbH in das Handelsregister eingetragen. Die AWO Gesellschaft für Altenhilfeeinrichtungen mbH hat die Trägerschaft des AWO Seniorenzentrums Kennedypark und des AWO Seniorenzentrums Morillenhang übernommen und führt die beiden Einrichtungen in der bisherigen Struktur weiter. Gesellschafter bleibt zu 100 % der AWO Bezirksverband Mittelrhein e.V.
Neben dem geregelten Informationsfluss im Gremienalltag finden alle zwei Jahre Strategietreffen statt, an denen die Aufsichtsräte und Geschäftsführungen im Konzern dessen strategische Leitlinien erarbeiten. Eines der größten Probleme zur Sicherung der Leistungserbringung ist der sich weiter verfestigende Fach- und Arbeitskräftemangel. Die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden liegt der AWO deshalb besonders am Herzen. Am 01.01.2021 wurde der „AWO Bildungstreff im Kölner Norden“ zur AWO Akademie Mittelrhein, die nun die Fort- und Weiterbildungen im Konzern bündelt (siehe Statistik am Ende des Artikels). Als attraktive Arbeitgeberin erweist sich die AWO Mittelrhein mit verschiedenen Benefits, Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie gemeinsamen Firmenevents, wie dem AWO-Cup oder dem Funkensprühen-Wettbewerb. Für ein gutes Miteinander auf Augenhöhe arbeiten wir mit einem gemeinsamen Führungsleitbild und einem klaren Bekenntnis zu unseren AWO-Werten.
In Stein gegossen
sind unsere Angebote nicht. Doch sie brauchen funktionale Gebäude, in denen wir flexible Lösungen für unsere Kund*innen anbieten können. Im Bereich seniorengerechter Immobilien plant der AWO Bezirksverband Mittelrhein e. V. deshalb den Neubau einer vollstationären Pflegeeinrichtung, einer Kindertageseinrichtung sowie fünf barrierearmer Kleinwohnungen in Aachen-Richterich. In Herzogenrath wurde 2023 mit dem Bau von 38 Wohnungen sowie einer Kurzzeit- und einer Tagespflege begonnen. In Hürth wurde das Gebäude der Kindertagesstätte im Leitmeritzer Weg abgerissen und mit erweiterter Platzzahl neu errichtet. In Bergisch Gladbach und Rösrath gehen die Planungen von viergruppigen Kindertagesstätten voran.
Nur nachhaltig ist auch sozial
Wir haben nachhaltiges Handeln als kontinuierliche Prozess etabliert, der durch technische Innovationen wie auch durch die Sensibilität und Kreativität der Mitarbeitenden vorangetrieben wird. Vom umweltverträglichen Bauen über neue Arbeit und Mobilität bis zum Projekt „Klimafreundlich pflegen“.

Spatenstich in Herzogenrath
Unsere Arbeit ist untrennbar mit unseren AWO-Werten verbunden. Sie zu leben und zu schützen, ist unser Auftrag.
Nur demokratisch ist auch nachhaltig
Wir gestalten mit großer Kraft und Begeisterung unsere Zukunft. Und wir sind überzeugt, dass wir mit unseren kompetenten Kolleg*innen im Haupt- und im Ehrenamt die AWO gut für die Zukunft aufstellen können. Wir sehen jedoch auch eine echte Gefahr im Erstarken radikaler Strömungen, in Deutschland und weltweit. Deshalb ist uns die Demokratiebildung ein besonderes Anliegen (siehe auch die Projektvorstellung „Gemeinsam.Demokratisch.OhneGrenzen.“) Unsere Arbeit ist untrennbar mit unseren AWO-Werten verbunden. Sie zu leben und zu schützen, ist unser Auftrag.